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"Tatort - Tödliche Flut":Kriminelle Klänge - n-tv NACHRICHTEN

Es dauert ein bisschen, bis es auffällt, dann aber wird man förmlich gefangen genommen: Der Norderney-Tatort mit Wotan Wilke-Möhring zeigt nicht nur die "Königin der Nordsee" von ihrer anziehendsten Seite - auch der klassische Score der NDR Radiophilharmonie entfachte Sogwirkung.

Musik in all ihren Spielarten - bei den Fällen des Bundespolizisten Thorsten Falke (Wotan Wilke-Möhring) von Beginn an ein wiederkehrendes Motiv. Mousse T. komponierte den Soundtrack für "Zorn Gottes" (2016), in "Böser Boden" gab im Jahr darauf die Indieband AnnenMayKantereit ein Gastspiel. Der Hamburger Timo Pierre Rositzki sorgte für die Musik zu "Alles was Sie sagen" und steuerte unter dem PseudoCellar Kid gleich noch den Song "On My Own" bei, auch die Giant Rooks waren schon am Start.

Diesmal hat man zunächst das Gefühl, Falkes musikalische Sozialisation sorge mal wieder für die Untermalung. Dessen Klingelton, das Intro von "Sympathy For The Devil" von den Rolling Stones, ist natürlich längst bekannt, im neuen Fall "Tödliche Flut" aber ist zunächst einmal Punkrock im Spiel. In Falkes Auto erklingen The Clash. Ein netter Wink aus der Ironie-Abteilung, dass hier ein Bulle ausgerechnet "Police On My Back" hört, im Original von Eddy Grant und den Equals. Später geht Falke zudem auch noch in einem T-Shirt der US-Hardcore-Legende Minor Threat ins Bett.

Aber der musikalische Wind weht schließlich aus einer ganz anderen Richtung. "Ich habe mir gewünscht, eine Atmosphäre der Beklommenheit zu schaffen, die sich immer weiter verdichtet", so Regisseur Lars Henning über seine konzeptionelle Idee. Kein schlechter Ansatz, der Atmo besondere Aufmerksamkeit zu widmen, gab und gibt es in jüngster Vergangenheit mit Formaten wie"Nord bei Nordwest" den Usedom-Krimis oder der ZDF-Serie "Stralsund" doch so einiges an maritimer Inselbegabung in Sachen TV-Crime. Es gilt also, für ein eigenständiges Ausrufezeichen zu sorgen.

In "Tödliche Flut" macht ein Orchester den Unterschied: Die 1950 beim Sender Hannover gegründete NDR Radiophilharmonie. Zu Beginn mit knapp 50 Mitgliedern in seinen Reihen, umfasst das Ensemble heute 86 Berufsmusiker. Seit der Spielzeit 2014/15 ist der Brite Andrew Manze Chefdirigent, beim Soundtrack zum "Tatort" jedoch führte Christian Schumann den Taktstock. Die vielschichtige Komposition stammt von Peter Hinderthür und Stefan Will.

Man kann sich den Klängen kaum entziehen

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Kommissar Falke muss seiner Ex auf Norderney aus der Patsche helfen.

(Foto: NDR/Christine Schroeder)

Um die 40 Minuten lang ist deren Stück, soviel Musik gab es einem "Tatort" selten zuvor. "Unsere Aufgabe war es anfangs, herauszufinden, wie man die gesamte Philharmonie auf die Bühne bringen kann, ohne den Film musikalisch zu überladen" so Stefan Will. "Es gibt drei große atmosphärische Sequenzen im Film, am Anfang, in der Mitte und am Ende, die der Musik auch wirklich Platz einräumen. Ansonsten hält sie sich unauffällig im Hintergrund und funkt nicht dazwischen, wenn die Kommissare sprechen. Wir haben ja nicht 'Indiana Jones' vertont, sondern einen norddeutschen 'Tatort', der eine ganz andere Attitüde hat als eine amerikanische Fantasy-Saga."

Das klingt fast ein wenig nach höflichem Understatement. Ohne Frage ist die Musik von Will und Hinderthür einige Dezibel vom wuchtigen Wumms Hollywoods entfernt. Verstecken müssen sie sich dennoch nicht, im Gegenteil: Im Verlauf des Films geht ein Sog von ihren Klängen aus, dem man sich kaum entziehen kann, und der perfekt zur subtilen Spannung vorm einnehmenden Naturpanorama Norderneys passt.

Sicher dürften sich so einige Zuschauer gefragt haben, ob der Soundtrack nicht vielleicht auch noch einmal als eigenständiges Stück zur Aufführung gelangen könnte. "Die Komponisten haben eine Musik geschrieben, die zur Grundästhetik des 'Tatort', der ältesten deutschen Krimireihe, einfach perfekt passt", meint Gastdirigent Christian Schumann. "Ob sie später daraus noch eine autarke Sinfonie schaffen werden, wer weiß - eine spannende Aufgabe wäre es in jedem Fall." Da heißt es also zunächst einmal abwarten. Und wer weiß - im nächsten Falke-Fall heißt es dann ja vielleicht wieder: Punk's not dead.

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