Obwohl die zwei Finalistinnen direkt neben ihr stehen und die Halle ansonsten ziemlich leer ist, schrillt Heidi Klums Stimme laut: „Und Germany’s Next Topmodel 2021 ist…“. Eine kurze, dramatische Pause und dann: Freude, Jubel – keine Tränen. Alex Mariah Peter heißt die Gewinnerin der diesjährigen Staffel. Mit ihr trägt zum ersten Mal ein Transgender-Model diesen Titel.
Alex galt mit ihrer direkten Art und ihrem trockenem Humor schon lange als Favoritin der Fans. Und auch Heidi Klum fand im Laufe der Staffel selten Kritik an der 23 Jahre alten Kölnerin. Ihre Vergangenheit als Mann sprach Alex gleich zu Beginn der Staffel an. Sie wolle sichtbar sein, sagt sie im Finale, die Staffel zu gewinnen bedeute ihr daher sehr viel.
Insgesamt war es ein Finale der etwas anderen Art: Gleich zu Beginn versuchte Heidi Klum sich als Schauspielerin in einem Sketch. Das Model schlüpfte in verschiedene Rollen und spielte ironisch vor, wie es aussähe, wenn das Cover der Gewinnerin, wie von Zuschauern so oft vermutet, bereits vor dem Finale gedruckt würde. Der Sketch sorgte für Fremdscham. In einer Tanzeinlage kamen dann die vier Finalistinnen ins Bild – und schon war der erste „Walk“ in voluminösen pinken, gelben und blauen Federkleidern in vollem Gange. Wegen der Pandemie gab es in der Halle keine Zuschauer, stattdessen waren Freunde und Familie per Video in kleinen Kacheln auf riesigen Bildschirmen links und rechts des Laufstegs live dazugeschaltet.
Das musikalische Begleitprogramm drehte sich um die Band Tokio Hotel von Klums Ehemann Tom Kaulitz und dessen Zwillingsbruder Bill. Praktischerweise hatten sie auch das Lied geschrieben, das 14 Wochen lang vor jeder GNTM-Folge im Intro lief. Im Finale wurde gegen Ende mit den letzten beiden verbliebenen Kandidatinnen Dascha und Alex live ein Musikvideo zu Tokio Hotels neuer Coverversion des „The Who“-Klassikers „Behind blue eyes“ gedreht.
Dass Klum und ihre Gäste jedes Jahr aufs Neue betonen, wie wichtig ihnen „Diversity“ ist, hat bereits Tradition. Doch nicht alle sind mit dem von Klum propagierten Schönheitsidealen einverstanden. Kurz vor dem Finale hatten einige Aktivistinnen halbnackt vor der ProSieben-Zentrale in Unterföhring bei München gegen die Show und ein deren Schönheitsideale demonstriert. „Auch mit normalen und weiblichen Körpern kann man vor der Kamera stehen und sich in der Gesellschaft zeigen“, sagte die Versammlungsleiterin der Deutschen Presseagentur. Kritik, die es immer wieder gab, die aber womöglich in diesem Jahr nicht ganz gerechtfertigt ist.
Doch in diesem Jahr schafften es unter dem offiziellen „Diversity“-Motto tatsächlich vier sehr unterschiedliche Frauen ins Finale. Neben Alex, die als erste Transfrau ins Finale einzog, stand als zweite Finalistin mit Dascha auch ein „Curvy Model“ auf der Bühne. Und auch die beiden Kandidatinnen, die am Ende um den dritten Platz konkurrierten, brachten die vielbeschworene Vielfalt in das Format: Mit ihren 1,68 Metern Körpergröße wäre Romina bei der Castingshow in den vergangenen Jahren wohl bereits während der Bewerbung gescheitert, und Soulin war mit ihrer Familie erst vor fünf Jahren aus Syrien nach Deutschland geflohen.
„Mädchenunterkunft“ statt „Modelvilla“
Die Diversity-Strategie ging auf: die Top vier holten die begehrten Jobs bei Marken wie Dyson, Levi’s und Wolfgang Joop. Auch online haben sich die vier Finalistinnen eine Fanbase aufgebaut: Romina führt das Ranking mit gut 489.000 Followern auf Instagram an, Soulin folgen die wenigsten Accounts – aber immer noch rund 116.000 (Stand: 27.Mai).
Vieles war in dieser Staffel aber auch wie immer: Mit wechselnden Gastjuroren entschied Heidi Klum Folge für Folge, wer noch eine Chance auf den begehrten Titel verdient. Tränen flossen, es gab Streit und Nacktshootings und aus den Zitaten der Kandidatinnen wurden auf Twitter fleißig Memes gebastelt. An einigen Stellen ließ sich der Einfluss der Pandemie erkennen. Aus der „Modelvilla“ in Los Angeles wurde die „Mädchenunterkunft“ in Berlin. Auch der Besuch bei der amfAR Gala in New York, der jedes Jahr für Drama und Konkurrenzkampf sorgt, musste ausfallen.
Und so blieb am Ende wenig von dem übrig, was die Show sonst ausgemacht hat. Die Finalistinnen selbst fanden aber nicht, dass ihnen das geschadet habe. „Wir werden ja erst mal im deutschen Markt starten“, sagte Soulin bei einer Pressekonferenz vor dem Finale. Und da sei es durchaus von Vorteil, beim Dreh schon Kunden aus Deutschland kennengelernt zu haben.
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