Wenn der Corona-Patient Julian Nagelsmann sich momentan aus seiner Küche in die Pressekonferenzen des FC Bayern zuschaltet, spricht ihn einer der Teilnehmer sofort auf seine Gesundheit an. Am Tag vor dem Bundesliga-Auswärtsspiel gegen Union Berlin am Samstag (15.30 Uhr im F.A.Z.-Liveticker zur Bundesliga und bei Sky) antwortete Nagelsmann so: „Mir geht’s soweit gut – abgesehen von Mittwoch.“
Es war am Freitagmittag nicht mal 48 Stunden her, dass Nagelsmann aus seiner Küche mitansehen musste, wie sein Fußballverein so hoch verloren hat wie seit fast 43 Jahren nicht mehr. Der Trainer hat sich dort seit einigen Tagen mit Laptop, iPad und Handy eingerichtet, aber er konnte auch mit seinen Funk- und Fernanweisungen nicht verhindern, dass seine Mannschaft in der zweiten Runde des DFB-Pokals mit 0:5 Toren in Mönchengladbach untergegangen ist. Und eines sagte Nagelsmann in den knapp 30 Minuten, in denen er mit den Reportern auch über den Einfluss seiner Abwesenheit diskutierte, gleich mehrmals: „Ich glaube nicht, dass wir deswegen das Spiel gewonnen hätten.“
Am Mittwochabend hat Nagelsmann, 34 Jahre alt, im Homeoffice einen „der traurigsten Momente“ in seiner Karriere erlebt – und seinen ersten großen Rückschlag als Trainer in München, wo er seine Mannschaft in nur wenigen Wochen schon auf ein sehr hohes Spielniveau geführt hat. Er habe in der Küche viel geschrien, gab Nagelsmann zu, aber die Spieler aus Mönchengladbach hörten mit dem Toreschießen einfach nicht auf.
Jetzt, mit etwas Abstand und mit ruhiger Stimme, sagte Nagelsmann am Freitag in seine Kamera: „Wir haben gezeigt, dass wir Menschen sind und keine Maschinen, dass uns Fehler passieren.“ Und: „Wir haben gezeigt, dass wir ein Stück weit verwundbar waren.“ Und dann noch: „Die Art und Weise, wie man ausscheidet, das war historisch.“
„Wir waren alle überrascht“
Wie geht man als neuer Trainer in München mit so einer Niederlage um? Er habe viel geschrieben und telefoniert, sagte Nagelsmann. Mit Oliver Kahn und Hasan Salihamidžić, dem Vorstandsvorsitzenden und dem Sportvorstand. Mit seinen Führungsspielern, mit denen er am Donnerstag in einer Online-Runde „ausführlich“ diskutierte. Er wollte nicht verraten, welche Spieler an dieser beteiligt waren („Betriebsgeheimnis“), welche Inhalte, deutete er aber immerhin an.
Es sei besprochen worden, wie man in solchen Momenten, in denen man überrannt zu werden droht, mit „Dynamik in die gegnerische Hälfte“ kommen könne – auch mit „Bayern-untypischen Aktionen“, wie er es geheimnisvoll formulierte. „Wir waren alle überrascht, wie die Dinge gekommen sind“, sagte Nagelsmann. Und eines mögen sie in München überhaupt nicht: überrascht zu werden.
Jetzt versucht Nagelsmann diese Dinge wieder unter Kontrolle zu bringen. Er wird Gespräche führen und führen lassen. Und er wird für das Auswärtsspiel in Berlin etwas an der Aufstellung ändern. Niklas Süle, der in Mönchengladbach nur eingewechselt worden ist, soll von Anfang an spielen. Entweder für Lucas Hernández oder für Dayot Upamecano. Vielleicht muss auch der Mittelfeldmann Leon Goretzka ersetzt werden, der unterhalb des Knöchels getreten worden ist. Und auch Nagelsmann selbst kann nicht nach Berlin reisen. Einmal wird er wegen der Corona-Isolation noch fehlen – und aus seiner Küche irgendwie mithelfen, dass eines nicht passieren wird: die nächste Überraschung.
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