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„Verräter, wie Judas“ - FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der Fußball wird als Projektionsfläche für Emotionen geliebt und gefürchtet, das gilt besonders im leidenschaftlichen Italien. Nun hat die Ankündigung der Gründung einer Super League mit den drei größten Serie-A-Klubs Juventus Turin, Inter Mailand und AC Mailand die Emotionen hochkochen lassen, ehe die Superliga keine zwei Tage später bereits scheiterte.

Ministerpräsident Mario Draghi hatte noch am Montag seine Solidarität mit den anderen Serie-A-Vereinen und den Verbänden erklärt. „Die Regierung verfolgt mit Aufmerksamkeit die Debatte um das Projekt einer Fußball-Superliga und unterstützt nachdrücklich die Positionen der italienischen und europäischen Fußball-Autoritäten, um die nationalen Wettbewerbe, die Leistungsprinzipien und die soziale Funktion des Sports zu schützen“, hieß es in einer Erklärung. Das war es dann aber auch mit Stil und Abgeklärtheit. Die Betroffenen präsentierten sich angesichts dieses umstrittenen Coups wie ungehaltene und zügellos schimpfende Tifosi in der Fankurve.

Der Frust der Konkurrenz

Vor allem Andrea Agnelli, Präsident des Branchenprimus Juventus Turin, bekam den Frust der enttäuschten Konkurrenz ab. Als „Judas“ und „Verräter“ bezeichnete ihn Urbano Cairo, Präsident und Eigentümer des Lokalrivalen FC Turin. Als Chef der European Club Association (ECA) hatte Agnelli kürzlich noch die Reform der Champions League als „ideales Modell“ gelobt und sich als Juve-Präsident für nun durch die Gründung der Super League kompromittierte Verteilungsfragen in der Serie A eingesetzt.

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„Das ist ein Attentat auf die Gesundheit einer Vereinigung wie der Liga“, tönte Cairo. Der Toro-Präsident fügte hinzu: „Offenbar haben sie das Super-League-Projekt am 10. Januar markenrechtlich schützen lassen. Wie kann so jemand dann hier in der Versammlung von Solidarität sprechen, wenn er die Verhandlungen mit den Fonds sabotiert hat im Wissen, in die Super League zu gehen?“ Agnelli und Inter-Sportdirektor Marotta seien „Verräter, wie Judas“.

„Europa im Fußballkrieg“ titelte die Tageszeitung „La Repubblica“ am Dienstag, die kriegerischen Töne verdichten sich vor allem in Italien, wo Juventus-Chef Agnelli seit 2010 als Präsident des wichtigsten Vereins des Landes den Ton angibt. Neun Meisterschaften errang Juventus unter seiner Ägide in Folge, die sportliche Leistung stellt die Erfolge seiner Ahnen in den Schatten, darunter Großvater Edoardo, Onkel Gianni und Vater Umberto. Jetzt lässt die nationale Konkurrenz wieder die alten Geschichten aufleben, von Andrea, der zwar in Oxford und Mailand, aber eben auch bei Luciano Moggi, dem berüchtigten Juve-Sportdirektor des Calciopoli-Betrugsskandals 2006, studiert habe.

„Entscheidungen treffen, ohne zurückzuschauen, im Fußball wie im Leben“, diese Devise habe Agnelli von Moggi gelernt, schreibt „La Repubblica“. Das derzeit aufgeführte italienisch-europäische Fußballdrama wäre nicht komplett, würden nicht auch Männerfreundschaften an ihm zerbrechen. Uefa-Präsident Aleksander Ceferin bezeichnete sich bis zum Wochenende als enger Vertrauter Agnellis, er ist sogar Taufpate eines der Kinder des 45-Jährigen. Jetzt sagte er: „Andrea ist die größte Enttäuschung. Wir haben am Samstag gesprochen, und er hat mir versichert, das mit der Super League seien nur Gerüchte. Ich wusste nicht, dass wir Schlangen unter uns hatten.“

An diesem Mittwoch musste Agnelli dann allerdings doch einräumen, dass durch den Rückzug der sechs englischen Gründungsmitglieder die Pläne nicht mehr umsetzbar seien.

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