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Energy Harvesting Neuer Schwung für Wiegand-Technik - Elektrotechnik

Energy Harvesting Neuer Schwung für Wiegand-Technik

Von Jörg Paulus*

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Beim Energy Harvesting per Wiegand-Effekt ging es bislang vor allem um den energieautarken Betrieb von Multiturn-Encodern. Mit dem Startup Ubito und spannenden F&E-Projekten nimmt Sensorhersteller Posital völlig neue Anwendungen ins Visier. Das Spektrum reicht bis zu funkenden IIoT-Sensorknoten.

Wiegand-Effekt: Wiegand Sensoren generieren Impulse aus einem sich verändernden externen Magnetfeld.
Wiegand-Effekt: Wiegand Sensoren generieren Impulse aus einem sich verändernden externen Magnetfeld.

(Bild: Posital )

Beim Wiegand-Effekt werden Impulse aus einem sich verändernden externen Magnetfeld generiert und fürs Energy Harvesting genutzt. Bereits 2005 machte Posital dieses Prinzip, das auf einem Patent des US-Erfinders John Wiegand basiert, nutzbar, um Batterien und Getriebe bei modernen magnetischen Multiturn-Drehgebern obsolet zu machen.

Herzstück des Wiegand-Systems ist ein aufwändig konditionierter, haarfeiner 15 mm-Draht aus Vicalloy, der in eine Kupferspule eingebettet ist. Im Gegensatz zu herkömmlichen ferromagnetischen Materialien verfügt der Wiegand Draht, bei dem ein komplexer Fertigungsprozess aus Kaltumformung und Tempern für die besondere Kombination aus weichmagnetischem Kern und hartmagnetischem Mantel sorgt, über ein Hystereseverhalten mit ausgeprägten Sprungstellen. Beim plötzlichen Polaritätswechsel des Wiegand Drahtes durch das externe Magnetfeld entsteht ein Impuls, der sich über die Spule in elektrische Energie umwandeln lässt.

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Bei Drehgebern wird der Wiegand-Effekt durch den auf der Welle rotierenden Permanentmagneten getriggert. Die erzeugten 190 nJ genügen, um die Zählelektronik zu aktivieren und die Bewegung der Welle auch im stromlosen Zustand präzise zu erfassen. Clou des Wiegand-Effekts: Selbst bei langsamsten Umdrehungen erzeugt der Wiegand-Draht, anders als ein Dynamo, zuverlässig Strompulse.

Wiegand als Markenkern

Längst gehört die Wiegand-Technik zum Markenkern des Drehgeberherstellers Posital. Anfang 2014 ging im Aachener F&E-Zentrum das Wiegand Technology Center in Betrieb. Hier entsteht der Draht auf Original-Maschinen und nach Rezepturen des US-Erfinders. Dabei wird das Know-how permanent erweitert. Parallel wurde eine automatisierte Fertigung für SMD-bestückbare Wiegand Sensoren, die auf eine Fingerkuppe passen, aufgebaut. Weltweit werden jährlich mehrere hunderttausend Einheiten dieser Minikraftwerke geliefert.

Eine feste Größe sind Wiegand Sensoren nicht nur im weltweiten Markt für Multiturn-Drehgeber, wo sich moderne Magnetik herstellerübergreifend etabliert hat. Auch bei Flow-Metern für Gas, Wasser oder Öl greift Wiegand-Technik schon länger – mit den bekannten Vorteilen: Lästige und umweltschädliche Batterien entfallen, während das verschleißfreie Energy Harvesting-System weniger Energie verbraucht und sich durch höhere Lebensdauer auszeichnet.

Posital hat eine Initiative gestartet, um komplett neue Applikationen auf Basis des Wiegand-Effekts aufzuspüren.

Ubito als Ideenschmiede

Mit dem fundierten Know-how im Rücken hat Posital eine breit angelegte Initiative gestartet, um komplett neue Applikationen auf Basis des Wiegand-Effekts aufzuspüren. Mitte 2021 wurde mit dem Startup Ubito (ubito.de) eine Business Unit geschaffen, welche die Wiegand-Aktivitäten bündelt und als Ideenschmiede völlig andere Aktionsfelder, jenseits von Encodern, in den Fokus rückt.

Dabei soll Wiegand-Technik, noch immer ein Geheimtipp in Sachen ‚Energiegewinnung‘, stärker im Pool der etablierten Energy Harvesting-Systeme wie Solar, Piezo oder Thermoelektrik verankert werden.

Neben der Energiegewinnung stehen bei Ubito auch die Themen Signalerzeugung sowie drahtlose Übertragung elektrischer Energie im Mittelpunkt. Weit gediehen ist etwa die Nutzung des Wiegand-Pulses als Signalgeber für eigensichere Näherungsschalter.

Leuchtturm-Projekt zielt auf Wiegand-Technik mit signifikant erhöhter Energieausbeute ab.

Verknüpft sind die Ubito-Initiativen mit umfangreichen Forschungsprojekten, die das F&E-Zentrum in Aachen mit Partnern weltweit vorantreibt. Leuchtturm-Projekt ist ein auf drei Jahren angelegtes F&E-Programm, das vom BMBF mit rund einer Million Euro gefördert wird und auf Wiegand-Technik mit signifikant erhöhter Energieausbeute abzielt. Im Visier des ambitionierten Projekts, das mit der Fachhochschule Aachen realisiert wird und Ende 2022 ausläuft, standen von Beginn an Wiegand Harvester, die genug Energie für den autarken Betrieb und die drahtlose Kommunikation von Sensorknoten in vernetzten IIoT-Systemen liefern. Bei Projektstart bedeutete die Funkoption, den Power-Output des klassischen Wiegand Sensors um den Faktor 100 oder mehr zu erhöhen. Zu den Vorgaben gehörte, die Baugröße des neuen Harvesters möglichst kompakt zu halten.

Weltweit erster funkender IIoT-Sensorknoten auf Wiegand-Basis

Um das anspruchsvolle Projekt zu meistern, wurde in Aachen ein fünfköpfiges Expertenteam gebildet. Wiegand Draht und Spule wurden komplett auf den Prüfstand gestellt, umfangreiche Magnetfeldsimulationen durchgeführt und neueste Low Power-Fortschritte bei Mikrocontrollern und innovative Wireless-Protokolle in die Planungen eingebzogen.

Bei der Auslegung des praktischen Lab-Demonstrators für den funkenden IIoT-Sensorknoten auf Wiegand-Basis entschied man sich für einen Fenster-Sensor. Hier ließ sich der Magnet, die zweite Komponente jedes Wiegand-Systems, leicht integrieren. Drei in einer Reihe angeordnete Stabmagnete werden von zwei Wiegand-Harvestern flankiert, die so groß wie eine AAA-Batterie sind und jeweils mit einem 21 mm langen Wiegand-Draht bestückt sind, der in eine Kupferspule (d=7,5 mm) eingebettet ist. Sobald die Harvester beim Öffnen oder Schließen des Fensters die alternierend magnetisierten Magnete passieren, kommt es zum plötzlichen Polaritätswechsel. Die dabei getriggerten Wiegand-Pulse sind so stark, dass damit pro Harvester 10 μJ geerntet werden können.

Klassenziel erreicht:

Der Energie-Output ist so hoch, dass der Mikrocontroller aktiviert und der im System integrierte Temperatursensor ausgelesen werden kann. Anschließend wird das dabei generierte Datenpaket von 134 Byte über ein auf der Platine installiertes UWB-Sendemodul problemlos an eine 60 m entfernte Empfängerstation gefunkt.

Vorgestellt wurde der Lab-Demonstrator, der einen Meilenstein in Richtung autarke IIoT-Sensorknoten auf Wiegand-Basis markiert, im April auf der EnerHarv 2022 in den USA. Der jährliche Event ist auf neueste Trends im Bereich Energy Harvesting fokussiert.

Ausblick: Mit dem Lab-Demonstrator hat Ubito zwar den weltweit ersten funkenden Wiegand Sensor für IIoT-Netzwerke ‚live‘ geschaltet. Ein Serienprodukt ist er allerdings noch nicht. Als Ideenschmiede wird man den autarken Sensorknoten weiterentwickeln und praktische industrielle Anwendungen ins Visier nehmen. Konkrete Produkte peilt Ubito in der Regel mit Partnern an, die in ihrem jeweiligen Markt tief verwurzelt sind und auf innovative Produkte setzen. Sharing lautet die Devise. (in)

* Jörg Paulus, General Manager – Europe, Posital-Fraba GmbH, Köln

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